Im Interview: Stephan Ullmer-Kadierka, Geschäftsführer der ullmer GmbH & Co. KG/ullmer Schmalkalden GmbH & Co. KG und Ansprechpartner für die Vertriebsregion Süd der Sitex-Gruppe*
*Sitex ist eine bundesweite Vereinigung von 15 familiengeführten, rechtlich selbständigen Textilserviceunternehmen an 25 Standorten. Rund 5.000 Menschen arbeiten in den Wäschereien der Gruppe. Das Angebot umfasst Stationsvollversorgung, OP-Logistik, Industrieberufskleidung, Bewohner-Textilservice, Hotelwäsche und Textilmanagement.
Was bedeutet Nachhaltigkeit im Bereich Mietwäsche, Herr Ullmer-Kadierka?
Ullmer-Kadierka: Wäschereien sind die älteste Recyclingbranche der Welt. Nachhaltigkeit ist unser Kerngeschäft, denn grundsätzlich wollen wir die Textilien, die uns anvertraut werden, so schonend und gründlich wie möglich aufbereiten, damit sie lange tragbar sind. Nachhaltigkeit ist also im ureigensten Interesse eines Mietdienstleisters.
Warum sollte Pflegedienstkleidung immer professionell gereinigt werden?
Ullmer-Kadierka: Obwohl mittlerweile durch Gerichte ein enger rechtlicher Rahmen dafür gesetzt wurde, wann Pflegedienstkleidung professionell gereinigt werden muss, ist es noch weit verbreitet, dass Mitarbeitende in der Pflege ihre Dienstkleidung selbst waschen. Sichtbare und unsichtbare Kontaminationen durch Kot, Urin, Speichel oder Blut können aber in der häuslichen Waschmaschine nicht sicher entfernt werden. Auch Einmal-Plastikschürzen schützen nicht vor dem Kontakt der Kleidung mit Krankheitserregern; abgesehen von der Abfallproblematik, da Einwegbekleidung ja nach der Benutzung entsorgt werden muss.
Auch Umweltschutz und Nachhaltigkeit bleiben auf der Strecke. Zuhause verbrauche ich ein zigfaches an Wasser, das ungeklärt in die Abwasserkanäle gelangt. In der Wäscherei erfolgt die sparsame Dosierung von Wasser und Waschmitteln automatisch, Hygienerichtlinien werden eingehalten und die Waschvorgänge folgen zertifizierte Waschverfahren unter Verwendung zertifizierter Hygiene-Waschmittel.
Welche Nachhaltigkeitsstrategien und -Initiativen sind bei Sitex verankert?
Ullmer-Kadierka: Ein entscheidender Vorteil unserer Gruppe ist der einheitliche Einkauf nachhaltiger Textilien sowohl im Bereich der Pflegedienstkleidung als auch bei der Flachwäsche. Wir achten zum Beispiel auf Nachhaltigkeitssiegel wie Grüner Knopf oder Öko-Tex, das von vielen Kunden bereits in den Anfragen gefordert wird. Wir verlangen von unseren Textil-Lieferanten ein belastbares Nachhaltigkeitskonzept inklusive zertifizierter Nachweise zur Lieferkette sowie zum CO2-Fußabdruck in ihrer Produktion. Ein Großteil der von uns beschafften Dienstkleidung wird tatsächlich in Deutschland und Europa produziert, was einerseits die Transportwege minimiert und andererseits die Kommunikation sowie regelmäßige Kontrollen erleichtert.
Auch die QM-Standards und Prozesse sind bei allen Sitex-Mitgliedern identisch. Wir tauschen uns permanent zu aktuellen Themen wie Nachhaltigkeit und Lieferkettengesetz aus und engagieren uns gemeinsam in Projekten wie Plant-for-the-Planet. Ein anderes Beispiel, das zeigt, wie wir unsere Kunden bei ihren eigenen Nachhaltigkeitsbemühungen unterstützen, ist unsere Wäsche-ist-wertvoll-Kampagne. Sie soll im Krankenhaus und der Altenpflegeeinrichtung das Kostenbewusstsein bei den Mitarbeitenden fördern und für einen schonenderen Umgang mit Textilien sensibilisieren. In diesem Zusammenhang diskutieren wir mit größeren Einrichtungen auch oft das Thema Poolkleidung versus individuelle Ausstattung mit Dienstkleidung. Bei Poolbekleidung kann der Schwund über Kleiderausgabesysteme gesteuert werden – das ist wirtschaftlich und nachhaltig zugleich.
Ist der Fokus auf Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft ein Argument bei Ausschreibungen?
Ullmer-Kadierka: Nachhaltigkeit nimmt in öffentlichen Ausschreibungen immer mehr Raum ein. Wir sehen regelmäßig eine Gewichtung bis 10 % bei der Bewertung eines Angebotes. Insofern verfolgen wir die Strategie, proaktiv voranzugehen, statt nur auf Marktanforderungen zu reagieren. Immer mehr Länder führen eine sogenannte Extended Producer Responsibility für Textilprodukte ein. Das Ziel ist die Erhöhung der Wiederverwendungsquoten. Für die Hersteller bedeutet dies, dass sie nachweisen müssen, inwieweit ihre Produkte für das Recycling vorbereitet sind. Die Sitex-Gruppe hat ihre Hausaufgaben in dieser Hinsicht bereits gemacht. Wir achten schon heute darauf, dass die eingesetzten Materialien und unsere Prozesse zu einer weitgreifenden Kreislauf-Strategie passen. Nahezu die gesamte Pflegedienstkleidung unserer Kunden besteht mittlerweile aus Tencel-Mischgewebe. Gerade arbeiten wir mit unserem Partner an einem neuen Material aus einer kompostierbaren Polyesterfaser. Auch mit Geweben in SEAQUAL-Qualität haben wir gute Erfahrungen gemacht. Es besteht aus einer Polyesterfaser, die aus Kunststoffabfällen aus dem Atlantik gewonnen wird.
Welche Vorteile bringt die Miete nachhaltig produzierter und gepflegter Dienstkleidung?
Ullmer-Kadierka: Am Ende des Tages spart es Geld. Der Begriff Nachhaltigkeit umfasst ja nicht nur Umweltschutz und Recylingfähigkeit, sondern auch Langlebigkeit. Was nützt es, wenn man den billigsten Anbieter wählt, die Kleidung aber nach 30 Wäschen auseinanderfliegt. Ich bin überzeugt, dass unsere Branche in Zukunft Nachhaltigkeitsbemühungen nicht nur versprechen, sondern auch nachweisen muss.
Was steht aktuell auf Ihrer Nachhaltigkeits-Agenda?
Ullmer-Kadierka: Eines unserer jüngsten Projekte ist die Mitgliedschaft bei Cibutex, das steht für Cicular Business Textiles. Diese Genossenschaft strebt die Verwirklichung einer echten, nachhaltigen Textil-Kreislaufwirtschaft an, sprich, nicht nur Recycling, sondern tatsächliches Upcycling aus unseren eigenen, aussortierten Textilien. Diese werden gesammelt, zu neuen Fasern aufbereitet und anschließend in den textilen Kreislauf zurückgebracht. Initiativen wie diese können den Materialbedarf an frisch geernteter Baumwolle und neuen Polyestergarnen erheblich reduzieren.
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Zum Titelfoto: © Stephan Ullmer-Kadierka, Ansprechpartner für die Vertriebsregion Süd der Sitex-Gruppe, ullmer GmbH & Co. KG