Im Interview: Sven Ziegler, Vertriebsleiter des Früchteimporteurs Kipepeo
Herr Ziegler, die Firma Kipepeo importiert eine Vielzahl an fair gehandelten exotischen Früchten. Auf welcher Überzeugung basiert Ihre Arbeit?
Das suahelische Wort „Kipepeo“ bedeutet Schmetterling und ist somit ein Sinnbild für Entwicklung. Genau solche Entwicklungen möchten wir in ärmeren Weltregionen durch den Fairen Handel vorantreiben. Kipepeo wurde mit dem Ziel gegründet, Kleinbauern in Afrika zu unterstützen. Diese Menschen brauchen keine Spenden und keine Entwicklungshilfe, sondern einen Marktzugang. Fairer Handel ist für uns kein Slogan, sondern Fundament und Basis, warum wir morgens aufstehen und zur Arbeit gehen. Es ist toll zu sehen, wie diese Entwicklungen in Ländern wie Tansania oder Uganda dann tatsächlich stattfinden. Man sieht Kinder, die zur Schule gehen können, und immer bessere Behausungen.
Welche Produkte aus welchen Herkunftsländern importiert Kipepeo?
Die meisten Produkte stammen aus Uganda – unter anderem Ananas, Avocado und Jackfruit. In Tansania sitzt ein wichtiger Partner, der Trockenfrüchte herstellt. Weitere zentrale Produkte sind Mango und Physalis, während aus Indonesien und Thailand Mangostan, Rambutan oder Papaya geliefert werden. Das bringt wirklich den Urlaub auf den Teller!
Wie können interessierte Kommunen und Personen Ihre Früchte erwerben?
Wir sind ein sehr kleines Team und können daher keinen Direktverkauf anbieten. Wir beliefern nahezu alle Bio-Großhändler in Deutschland, und man findet unsere Produkte in vielen Bio- und Weltläden – fragen Sie dort einfach nach Kipepeo. Wir fühlen uns mit diesen Läden sehr verbunden und möchten keine Konkurrenz durch einen Online-Verkauf schaffen.
Welche Auswirkungen hat der konventionelle Anbau von Früchten, dem Sie bei Kipepeo entgegenwirken?
Konventionell basiert der Anbau meist auf kosteneffektiver Plantagenwirtschaft und Monokultur. Hier sind Raubbau an der Natur, der Einsatz von Pestiziden, künstliche Bewässerung und katastrophale Arbeitsumstände im Spiel. In der Regel produzieren keine Kleinbauern, sondern große Konzerne, bei denen die Menschen ohne Pausenzeiten und sanitäre Einrichtungen für einen Hungerlohn arbeiten. Auch Kinderarbeit kann nicht immer ausgeschlossen werden. Da wirken wir dagegen und kooperieren aus Überzeugung ausschließlich mit Kleinbauern. Wir könnten deutlich mehr Umsatz machen und auch besser planen, wenn wir zusätzlich mit größeren Betrieben zusammenarbeiten würden – tun es aber trotzdem nicht.
Sie importieren die frischen Früchte aus Afrika und Asien per Flugzeug. Ist dieser emissionsintensive Transport notwendig?
Für uns ist es eine Lösung, die wir mitgehen können. Schauen wir uns unseren Hauptlieferanten Uganda an: Uganda ist ein Binnenland ohne Hafenzugang. Bis die Früchte am Hafen sind, wären sie bereits überreif. Und dann finge der lange Schiffstransport, bei dem die Früchte begast und künstlich nachgereift werden müssten, erst an. Natürlich ist der Flugtransport eine ökologische Herausforderung. Aber: Ohne ihn verwehren wir den Kleinbauern in Uganda ihren europäischen Marktzugang. Und das geht für uns vor. Wir achten darauf, wann immer möglich mit Passagierflugzeugen zu transportieren und die entstandenen Emissionen zu kompensieren.
Wie entwickelt sich der Markt für fair gehandelte Früchte in Deutschland? Nimmt das Interesse insgesamt zu?
Die Marktentwicklung wurde unlängst von zwei großen Krisen geprägt: Der Corona-Pandemie und ausgebrochenen Kriegen. Durch Corona hatten die Menschen viel Geld übrig, konnten wenig oder gar nicht reisen. Da haben viele eher mal zur exotischen Frucht gegriffen, um zumindest Urlaub auf dem Teller zu haben. So schlimm die Corona-Pandemie war, für uns hat sie sich umsatztechnisch positiv ausgewirkt. Auch der Gesundheitsaspekt hat eine Rolle gespielt, da unsere Früchte sehr vitaminreich sind.
Und die Kriegsausbrüche mit damit verbundener Inflation?
Das hat die Bio-Branche insgesamt stark beeinflusst. Die Leute schauen mehr aufs Geld und kaufen eher konventionell ein. Das ist zweifellos eine große Herausforderung. Wir haben einen starken Rückgang im Bio-Bereich erlebt, die Talsohle aber hoffentlich durchschritten. Derzeit sind die Tendenzen wieder gut. Im Fairen Handel sieht die Sache anders aus, hier gab es nicht so eine starke Kaufzurückhaltung. Menschen scheinen ihr Geld wirklich bewusst auszugeben und ihre Marktmacht nutzen zu wollen.
Es existiert mittlerweile eine Vielzahl an Siegeln, die sich mit der Nachhaltigkeit von Produkten auseinandersetzen. Wie gehen Sie mit dieser Vielfalt um?
Relevant ist diese Vielfalt vor allem im Bereich Fair Trade, da der Begriff „Fairer Handel“ im Gegensatz zum Begriff „Bio“ nicht geschützt ist. Wir sehen da schon sehr starke Unterschiede bei der Auszeichnung von fairen Produkten. Bei einigen Preisen fragt man sich, wie da noch genug Geld beim Bauer ankommen soll. Wir als Kipepeo vertrauen einer Zertifizierung der World Fair Trade Organization (WFTO), die aus 10 Prinzipien besteht und ein umfangreiches Kontrollsystem beinhaltet.
Was können Kommunen tun, um den Anteil fair gehandelter Lebensmittel – ganz konkret Früchten – zu erhöhen?
Es ist wichtig, dass wir als Konsumenten und Kommunen unsere Kaufkraft nutzen. Es braucht diese Kaufkraft aus dem Ausland, um den Bio-Anbau in Ländern wie Uganda oder Tansania am Laufen zu halten. Ansatzpunkte in Kommunen sind öffentliche Kantinen oder Unternehmen, die von der Stadt betrieben werden. Der Firmen- oder Verwaltungsobstkorb kann mit fair gehandelten Früchten befüllt werden, die sich übrigens auch als Weihnachtsgeschenk eignen. Wichtig ist zudem, lokale Akteure wie die Weltläden zu unterstützen und sichtbar zu machen. Das kann durch Besuche vor Ort, Einladung auf Veranstaltungen oder Platzierung in der Öffentlichkeitsarbeit geschehen.
Zur Webseite der Firma Kipepeo: Kipepeo
Tipp: Vom 13. bis zum 16. Februar 2024 stellt Kipepeo auf der BIOFACH in Nürnberg aus (Halle 6, Stand: 6-469). Schauen Sie gerne vorbei!
Titelbild: Sven Ziegler © Kipepeo