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Fairer Handel in Südafrika: Ein Perspektivwechsel

24. Januar 2024
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Fairer Handel in Südafrika: Ein Perspektivwechsel

Im Interview: Sandra Ndlovu (Regional Communication Officer Southern African Network bei Fairtrade Africa) und Thembi Mnisi (Project Coordinator: Economic Development and Tourism in Drakenstein, Südafrika)

Frau Ndovlu, was unterscheidet den südafrikanischen Fairtrade-Markt von dem in Deutschland?

Sandra Ndlovu: Zunächst sind die verkauften Produkte andere. Bei uns sind derzeit Wein, Tee und frische Früchte die Hauptprodukte. Im südlichen Teil Afrikas werden faire Lebensmittel in erster Linie produziert und weniger konsumiert. In den vergangenen Jahren gelangen zwar immer mehr Fairtrade-Produkte in den Einzelhandel, der Umsatz steigt – basiert aber auf einer kleinen Zahl an besserverdienenden Menschen. Europa ist ein Konsummarkt, wo sich Fairtrade-Produkte in gefühlt jedem Laden finden. Bis dahin haben wir noch einen weiten Weg zu gehen. Da die jüngere Generation in Südafrika deutlich mehr konsumiert und auch auf Nachhaltigkeit achtet, spricht aber vieles dafür, dass sich der aktuelle Trend fortsetzt.

Frau Mnisi, deckt sich das mit den Erfahrungen, die Sie in der im Südwesten Südafrikas gelegenen Kommune Drakenstein machen?

Thembi Mnisi: Für uns als Stadt Drakenstein bedeutet Fairtrade deutlich mehr, als fair gehandelte Produkte in Geschäften zu führen. Es geht wirklich nur das oberste Prozent der Gesellschaft in den teuren Geschäften einkaufen, die derzeit Fairtrade-Produkte führen. Wir arbeiten deswegen in Drakenstein auch mit vielen sozialen Unternehmen zusammen, die nicht unbedingt das Fairtrade-Logo tragen, aber trotzdem Fairtrade-Kriterien beachten. Es geht darum, Dinge wie gute Arbeitsbedingungen und regionale Produktion zu fördern, ein Bewusstsein für Fairen Handel und Nachhaltigkeit zu schaffen.

Sandra Ndlovu: In Europa geht es viel um Fairtrade-Siegel und detaillierte Kriterien. Das ist hier nicht der Fall. Der Fokus liegt auf dem Verankern von Prinzipien. Das Modell einer europäischen Fairtrade-Town zu übernehmen, würde daher beispielsweise keinen Sinn ergeben. Man muss immer den Kontext beachten.

Wo Sie Fairtrade-Towns ansprechen: Drakenstein ist 2020 als Südafrikas erste Kommune ausgezeichnet worden. Sind seitdem weitere dazugekommen?

Thembi Mnisi: Nein, bislang nicht. Im September diesen Jahres werden wir hier in Drakenstein die erste internationale Fairtrade-Town-Konferenz Afrikas veranstalten. Das Programm richtet sich auch an Kommunen, die erst noch aktiv werden und sich einen Eindruck verschaffen möchten. Wir hoffen, dass diese Konferenz viele Kommunen motivieren wird. Parallel sind wir in einem Komitee dabei, ein Konzept der Fairtrade-Stadt zu definieren, das für afrikanische Kommunen attraktiv ist. Es geht darum, Nachhaltigkeit „cool“ zu machen.

Gibt es denn Beratungsangebote für Kommunen, die sich über Fairen Handel und eine mögliche Auszeichnung als Fairtrade-Kommune informieren möchten?

Thembi Mnisi: Unter anderem Sandra für Fairtrade South Africa und ich als Vertreterin Drakensteins sind hier gerne behilflich, ja. Wir freuen uns auch immer über Besuche vor Ort.

Sandra Ndlovu: Da Drakenstein unser aktuelles Best-Practice-Beispiel ist, werden interessierte Personen tatsächlich immer schnell bei Thembi und ihren Kollegen landen. Und diese interessierten Kommunen gibt es auch.

Seit mittlerweile fast zehn Jahren unterhält Drakenstein eine „Klimapartnerschaft“ mit der Stadt Neumarkt in unserer Fairen Metropolregion Nürnberg. In welcher Ausgangssituation findet diese Partnerschaft statt? Was sind die zentralen Alltagsprobleme, die sich derzeit in Drakenstein stellen?

Thembi Mnisi: Wie im ganzen Land sind Arbeitslosigkeit und Armut große Herausforderungen. Da sind wir leider keine Ausnahme. Um Fairtrade-Produkte zu erwerben, ist oftmals einfach nicht das nötige Geld vorhanden. Auch die illegale Entsorgung von Müll und generell unser Abfallmanagement sind große Herausforderungen.

Wie fällt nach knapp zehn Jahren das Zwischenfazit der Partnerschaft mit Neumarkt aus? Was sind die Hauptvorteile einer solchen Zusammenarbeit?

Thembi Mnisi: Wir haben schon sehr viel bewegen können. Es geht um weit mehr als Fairen Handel – um LED-Beleuchtung, Renaturierungen und Müllmanagement beispielsweise. Es gab mehrere gegenseitige Vor-Ort-Besuche. Wir bekommen durch die Partnerschaft Zugang zu Fördermöglichkeiten, die sonst völlig außer Reichweite wären. Zudem sind natürlich Vernetzung und gegenseitige Inspiration sehr wichtig. Es ist so, als hätten wir auf einmal die ganze Welt im Nachbarzimmer sitzen.

Ebenfalls in Zusammenarbeit entstanden ist ein „Partnerschaftswein“, der in Drakenstein produziert und unter anderem in Neumarkt verkauft wird. Wie kam es zu dieser Idee?

Thembi Mnisi: Wir haben nach etwas gesucht, das unsere Partnerschaft repräsentiert und greifbar macht. Drakenstein ist eine von der Landwirtschaft geprägte Region. Wir sind für die Weinproduktion bekannt: Von den fünfzig Weinen, die derzeit als die besten der Welt gelten, stammen gleich zwei aus unserer Kommune. Da lag es auf der Hand, bei der Suche nach einem Partnerschaftsprojekt hier anzusetzen.


Titelbild: Sandra Ndlovu © Sandra Ndlovu

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